Hochzeitsfotografen sind nicht nur Hochzeitsfotografen
Es gibt schon viele Blogs, in denen erzählt wird, dass man als Hochzeitsfotograf nicht nur Fotograf ist, sondern auch Seelentröster, Organisator und Pannenhelfer.
Und so ist es auch bei mir. Ich gebe Tipps bei der Planung, beruhige Bräute vor der Trauung und bessere kleine Pannen, wie z.b. Flecken auf dem Tüllkleid, aus. Und immer kann ich von mir sagen, ich bin die Ruhe selbst.
Nur an diesem Tag, werde auch ich kurz aus der Ruhe gebracht:
Viktoria und Alexander möchten sich heute in Idar-Oberstein das Ja-Wort geben.
Um am Tag selber nicht in Zeitstress zu geraten, bin ich schon 1 Tag früher angereist und komme ganz entspannt in dem Hotel an, in dem sich Viktoria gerade fertig machen möchte.
Die Haare sind schon fertig und die letzten Handgriffe beim Make up werden noch gemacht. Ich schnappe mir derweil die Details der Braut, wie Brautkleid, Brautschuhe, Parfum und Schmuck.
Wir lachen, sind relaxed und schwärmen von der Hochzeitsmagie.
Dann ist es soweit, Viktoria möchte in ihr tolles Brautkleid schlüpfen. Ihre Mama soll ihr dabei behilflich sein. Es ist ein Kleid mit einem Reißverschluss und Knöpfen, sodass sie ein wenig was zu tun haben wird. Ich halte die Szene, wie Viktoria zur Braut wird, ganz genau fest und schmunzel ein wenig als ihre Mama den Reißverschluss nicht auf Anhieb zu bekommt….so bleibt mehr Zeit für mich, schöne Fotos zu machen 😉
Doch irgendwann bekomme ich durch die Kamera mit, dass der Reißverschluss doch ein wenig zu lange zickt. Viktorias Mama gibt sich alle Mühe mit Kraft, aber dennoch mit viel Gefühl den Reißverschluss hoch zu bekommen und reißt sich dabei schon eine Schnittwunde vom Vortag wieder auf…ich organisiere schnell ein Pflaster, damit das Blut nicht aufs strahlenweiße Kleid tropft. Ihre Hände zittern. Ich lege die Kamera beiseite und will als Ruhepol einmal versuchen das Kleid zu schließen. Mit ruhigen Händen versuche ich den Reißverschluss über den Punkt zu bekommen, an dem er klemmt….leider vergebens.
Wir gehen ein paar Punkte durch, die uns helfen könnten… Kerzenwachs, um ihn geschmeidiger zu machen, ein Anruf im Brautladen, usw.
Dann klappt es plötzlich, der Reißverschluss ist zu. ABER …er platzt genau an der Stelle auf, an dem er die ganze Zeit geklemmt hat. Wir versuchen ein paar Mal, ihn zu öffnen und zu schließen, vergebens.… er platzt immer wieder auf. Er ist also kaputt!
Nun, bin auch ich nervös und bekomme zittrige Hände. Denn mittlerweile drängt die Zeit ein wenig, da der Bräutigam schon am Standesamt wartet.
Viktorias Schwiegermama kommt zur seelischen Unterstützung hinzu. Auch sie kann den Reißverschluss nicht dazu bewegen, diesen Mist zu unterlassen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als Viktoria in ihr Brautkleid einzunähen. Ihre Schwiegermama ist gelernte Schneiderin, nimmt kurzerhand Nadel und Pfaden, setzt ein paar Stiche und näht Alexandra somit ein.
Meine wage Vermutung, dass das niemals bis zum Hochzeitstanz hält, behalte ich lieber für mich. Wir packen die Sachen und fahren zum Standesamt.
Die Trauung vergeht, das Portraitshooting läuft super und auch der Sektempfang verläuft gut gelaunt….und das Kleid sitzt. Ich verabschiede mich am Abend und drücke Viktoria die Daumen, dass ihr ein aufgeplatztes Kleid mitten in der Hochzeitsgesellschaft erspart bleiben wird.
Da mich Viktoria und ihr Kleid nicht los lassen, frage ich am nächsten Tag nach, wie die Hochzeitsfeier noch war und was das Brautkleid macht. Viktoria lacht und sagt: Mein Liebster hat mich nachts aus dem Kleid schneiden müssen, weil es bombig gehalten hat.